SAP-Arbeitgeber Sightseeing oder warum ein sauberer Offboardingprozess so wichtig ist – Teil #2

Ich habe im letzten Artikel aufgezeigt, dass sich ein sogenanntes „Arbeitgeber-Hopping“, bzw. „Arbeitgeber-Sightseeing“ vor Allem in der SAP Welt etabliert hat. Und, dass es trotz Benefitkonzepte und hohen Gehältern schwer wird SAP Fachkräfte dauerhaft zu halten.

Warum ist Offboarding also heute wichtiger denn je?

Ein strukturiertes Offboarding ermöglicht es dem Unternehmen, den Wissens- und Erfahrungsschatz des ausscheidenden Mitarbeiters zu bewahren, potenzielle Lücken zu identifizieren und den Verlust von Know-how zu minimieren. Darüber hinaus trägt ein positiver Abschiedsprozess dazu bei, das Image des Unternehmens als attraktiver Arbeitgeber zu stärken und ehemalige Mitarbeitende als mögliche Botschafter:innen zu gewinnen. Zusätzlich nimmt es Menschen die Hürde, wieder in das Unternehmen zurückzukehren. Ich nenne es gerne „Heimkommen“.

Wie strukturiert man einen schönen Offboarding-Prozess?

Genauso wie in meinem Blogartikel zum Onboarding empfehle ich Unternehmen ein Offboardingkonzept zu erstellen. Kündigungen und Abschiede sind tendenziell emotionale Prozesse und sollten daher auch so behandelt werden. Ich rate von starren Strukturen und mechanischen Abläufen ab. Dennoch ist es clever, eine Art Roadmap zur Orientierung zu erstellen. Diese ist vom Inhalt und Umfang sehr abhängig vom Unternehmen. Ich habe euch dennoch einige Punkte zusammengestellt, die ein solches Konzept umfassen können:

Die Pflicht: Administrativer Prozess:

Die Kündigung des Mitarbeitenden geht in der Personalabteilung oder bei der Führungskraft ein. Was muss von der administrativen Seite passieren:

  • Zeitnahe und arbeitsrechtskonforme Kündigungsbestätigung.
  • Weitergabe der Information an die jeweilige Führungskraft.
  • Einholen einer umfangreichen Beurteilung für das Arbeitszeugnis.
  • Klärung des dadurch entstandenen Personalbedarfs.
  • Erfassung aller Aufgaben und aktueller Projekte des Mitarbeitenden.
  • Sukzessive strukturierte Übergabe der Themen.
  • Nach dem Austritt: unverzügliche Zusendung aller Unterlagen. Empfehlenswert ist, die Unterlagen bereits am letzten Tag fertig zu haben und zum Abschied persönlich zu übergeben. Vielleicht mit einem kleinen Präsent.

Die Kür: Emotionaler Prozess:

Es ist unabdingbar mit der:dem Mitarbeitenden Gespräche zu führen! Zu beachten ist, die terminliche Vereinbarung freundlich, besser noch herzlich, zu gestalten. Zudem sollte bereits durchdringen, dass es in dem Gespräch in erster Linie darum geht, die Beweggründe für den Abschied zu verstehen und diesen reibungslos und angenehm zu gestalten. Viele Menschen haben Ängste vor solchen Abschiedsgesprächen, weil sie im Laufe Ihrer Karriere negative Erfahrungen gemacht haben und eher vorwurfsvolle, bzw. keine Gespräche stattgefunden haben. Teilnehmen sollten unbedingt die direkte Führungskraft und jemand aus dem HR- oder Hiringteam.  

Welche Themen sind in dem Gespräch wichtig? Für das Unternehmen sollte im Fokus stehen, warum der Mitarbeitende das Unternehmen verlässt, um bestenfalls Schlüsse daraus ziehen zu können. Ich empfehle, in diesem Gespräch dem Menschen zuzuhören. Was bewegt sie, sind es private, beruflich oder tatsächlich unternehmenspolitische Themen? Ist die:der Mitarbeiter:in verärgert oder nicht? Das Gespräch sollte positiv verlaufen. Vorwürfe und negative Meinungen seitens des Unternehmens sind unangebracht und kontraproduktv! Ärgert man sich über die:den Mitarbeitenden behält man es für sich. Ein Streit an dieser Stelle würde nichts ändern, außer, dass der Abschied ein negatives Gefühl hinterlassen wird. Es ist sinnvoll, den Eindruck des Mitarbeitenden ernst zu nehmen. Vielleicht geht es anderen Kolleg :innen ebenso.

Der Weg zurück:

In den Zeiten des Fachkräftemangels ist der wichtigste Schritt im Offboarding, den Weg zurück einfach und hürdenfrei zu gestalten. Was bedeutet das? In den Gesprächen innerhalb des Offboardingkonzepts muss kommuniziert werden, dass es einen Weg zurückgibt und wie Wege zurück funktionieren. Sprich, an wen soll ich mich wenden, welche Unterlagen werden benötigt, wie funktioniert der Ablauf. Außerdem ist es sinnvoll, Anreize zum Rückkehren zu schaffen.  

Mein Pro-Tipp! Schnüre ein Abschiedspaket mit folgendem Inhalt

  • Alle relevanten Arbeitspapiere
  • Qualifiziertes Arbeitszeugnis
  • Kleines Abschiedspräsent: Schön ist es, wenn das Geschenk zum Unternehmenskontext passt und bestenfalls im zukünftigen Alltag verwendet wird. Bei Benutzung des Gegenstandes wird die:der ehemalige Mitarbeitende immer wieder an die schöne Zusammenarbeit erinnert. Ich habe beispielsweise bei einem großen Bäckerfilialisten gerne gebrandete Backutensilien verschenkt.
  • schriftliche Anleitung zur Rückkehr: Beschreibe hier erneut und schriftlich den Weg zurück. Ich habe hierfür gerne ein „goldenes Rückfahrtticket“ verwendet. Möglich ist aber auch eine Landkarte oder Ähnliches. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Wichtig ist, dass für die:den ehemalige:n Mitarbeitende:n ersichtlich ist, wie sie:er ins Unternehmen zurückkehren kann.

Und noch? Das Offboarding-Konzept sollte nicht im stillen Kämmerlein von der HR entwickelt werden. Führungskräfte, Geschäftsführung und Mitarbeitende (bestenfalls Rückkehrer) sollten einbezogen werden. Nur gut geschulte Führungskräfte werden einen Offboardingprozess gut betreuen und dafür sorgen, dass Mitarbeitende eine Rückkehr in Betracht ziehen. Führungskräfte, die gekränkt oder vorwurfsvoll reagieren sind kontraproduktiv! Gibt es eine feste Rückkehrmöglichkeit, wie z.B. ein Rückfahrtticket, muss das Unternehmen diese konsequent leben.  

Ganz wichtig: Dieser Text stellt keine Rechtsberatung dar, wende dich am besten an einen spezialisierten Fachanwalt.