Kleiner hatte ich es heute nicht. Mal gucken was draus wird.
Wie ihr euch vielleicht erinnert, bin ich großer Fan von Agilität. Vor allem von agilen Mindsets. Ein Aspekt der mich fasziniert, ist eben der Umgang mit Komplexität. Agile Leitsätze, wie die folgenden, verdeutlichen die grundsätzliche Haltung im Umgang mit Komplexität:
Einfaches, einfach machen
Umsetzung vor Perfektion
Fokus auf den eigenen Wirkungskreis
(uvm. ich könnte den ganzen Tag so weiter machen)
Mir hilft das, wenn ich an VUCA denke und irgendwie versuche damit klar zu kommen. Diese Leitsätze verankern (für mich) den Versuch der Komplexitätsreduktion. Einfach mal anfangen, ein Ergebnis ist besser als kein Ergebnis (du kannst es ohnehin nicht allen recht machen) – puh, wie entlastend, direkt auch jetzt hier für mich beim schreiben 😉
VUCA (volatility – Volatilität, uncertainty – Ungewissheit, complexity – Komplexität, ambiguity – Ambiguität)
Übertragen auf meinen Job als EWM Berater nehme ich daraus folgendes mit (einiges davon trage ich ohnehin schon in mir, wie bei den Hochstaplern nachzuhören ist).
Lasst uns Klarheit bei der Zielsetzung schaffen; lasst uns den Kontext so klar beschreiben, das alle ihn verstehen können. Wozu sollen Dinge getan werden? Zu welchem Zweck? Was ist das Ziel? So schaffen wir die Grundlage, den Mehrwert des Vorhabens bewerten zu können!
Jan Hummel, SAP EWM-Experte bei Flowprime
Passionate about Supply Chain Execution | Lifelong learning | Coaching & Mentoring
Ins Tun kommen: als Alternative zu ewigen Konzept-Feedback-Loops, die sich zuweilen wie Treibsand anfühlen können. In Anlehnung an “Umsetzung vor Perfektion” möchte dafür werben: lasst uns Klarheit bei der Zielsetzung schaffen; lasst uns den Kontext so klar beschreiben, das alle ihn verstehen können. Wozu sollen Dinge getan werden? Zu welchem Zweck? Was ist das Ziel? So schaffen wir die Grundlage, den Mehrwert des Vorhabens bewerten zu können! Das ist wichtig. Ein Beispiel:
Wie berechnet man die Amortisationszeit einer EWM Einführung? Ich habe keine Ahnung, ehrlicherweise. Natürlich könnte ich unter Zuhilfenahme diverser Annahmen auf eine Zahl kommen. Aber wir groß wird das Commitment sein? Wie groß das Vertrauen? Wie zeitraubend die Diskussion um die Annahmen und den Effekt? Und wie viel kostet diese Diskussion??? Wäre es da nicht ratsam, ins Tun zu kommen und Tatsachen zu schaffen? Einen einzelnen Prozess oder eine einzelne Prozessvariante kann ich messen (Prozessdurchlaufzeit), Prozessänderungen kann ich (besser) antizipieren (wegen der geringeren Komplexität). Klar, hier treffe ich genauso Annahmen, aber dadurch das die Komplexität stark reduziert ist, werden die zuvor beschriebenen Probleme erwartungsgemäß nicht (so stark) zum Tragen kommen. Und ich kann für diesen Prozess, den ich grade verändern will, auch die Investitionskosten sehr viel klarer benennen. Und so kann ich durchaus zu einer glaubhaften Aussage der Amortisationszeit kommen (Zusammenspiel aus präziser Ist-Beschreibung, Klarheit über die Effekte der Veränderung und die Investitionskosten). Klar, jetzt kann ich meine EWM Einführung zerhacken, wie beschrieben für meine Einzelteile die Amortisationszeit berechnen und zusammenführen und zack – da wäre die Amortisationszeit. Und dann wäre ich wohl im Bereich der Perfektion – juhu, das muss man sich leisten können. Und hat die Zeit, eine präzise Amortisationszeit einer EWM Einführung zu berechnen, diese nicht eigens hinausgezögert? Hat dieses Handeln einen eigenen Wert und ist der klar und präzise zu beschreiben? 😉
Was bleibt also hängen? Für mich zwei Dinge:
Manchmal scheinen integrative Aspekte eines Problems eine Lösung unmöglich zu machen. Es muss doch aber voran gehen oder? Und es sollte in die Leitplanken eines Vorhabens passen (bspw. Zeit, Geld, Qualität). Und so finde ich in dem Leitsatz “fokussiere dich auf deinen eigenen Wirkungskreis” etwas sehr befreiendes. Denn bevor ich gar nichts hinbekomme, weil die Kompromissfindung sich zieht, kann ich doch wenigstens versuchen, interimsweise (solange wie es dauert) das was ich kontrolliere, besser machen.
Ist das egoistisch? Vielleicht, weiß ich nicht, kann sein, und wenn – ist es schlimm? Wenn ich in 3 Monaten das Lager verbessern kann (dabei Geld spare, etwas besser mache und Integrationsaspekte vernachlässige) und parallel nach einer Lösung für das “Große Ganze” suche, dann habe ich ggf. etwas doppelt gemacht, aber ja auch temporär etwas verbessert – das kann aufgehen.
Kleiner Fortschritt kann besser sein als großer Stillstand (von dem selten bekannt ist, wann es zum gewünschten Durchbruch kommt)! Und Umsetzung ist besser als Perfektion weil Perfektion unerreicht bleibt.
Jetzt will ich auf keinen Fall den Eindruck erwecken “ich wüsste wie es geht und das sei der (einzige) Weg”. Es ist meine Meinung, eine Perspektive, ganz mit Sicherheit lücken- sowie fehlerhaft. Daher freue ich mich darüber, wenn dieser Artikel zum Nachdenken anregt – unabhängig vom Ergebnis. Ich freue mich auch über andere Blickwinkel, die mir ermöglichen, meine Perspektive zu entwickeln.
Nachdenken und sich mit etwas auseinandersetzen schafft neues Bewusstsein für das eigene Handeln. Und darum gehts mir! Wir können Dinge unterschiedlich machen und sehen und bewerten – kein Thema. Wichtiger als Einigkeit ist mir eine eigene Meinung mit der gearbeitet werden kann.
Und was hat das jetzt mit Politik zu tun? Nun ich wage einen Versuch, meine Sicht dazu zu erläutern. Wenn ich heute Zeitung lese, dann habe ich danach nicht selten Kopfschmerzen. Wenn ich Talk-Shows gucke noch mehr. Wieso? Nun, zum einen halte ich den Diskussionsgegenstand oder die vorgetragenen Sichtweisen gelegentlich für unterkomplex – also dem Problemraum nicht angemessen und trotzdem der Öffentlichkeit als “ausreichende” Antwort angeboten.
Eine unterkomplexe Antwort auf ein komplexes Problem… mag ich nicht. Es sei denn es ist transparent, dass die gegebenen Antwort nur einen Ausschnitt des Problems löst 😉
Zum anderen empfinde ich Kopfschmerz, weil viele Herausforderungen unserer Zeit mir so komplex erscheinen, das sie kaum lösbar erscheinen – ich mag dieses, damit bei mir einhergehende, Ohnmachtsgefühl nicht.
Was mir jetzt wirklich helfen würde, wären gelebte agile Werte in der Politik. Vermutlich würde mir auch vieles andere helfen, aber ich versuche hier ja eine Brücke zwischen Politik und agilem Mindset zu bauen.
Was meine ich damit? Stellt euch vor jemand erklärt transparent einen komplexen Problemraum, weißt darauf hin woran die Lösungsfindung grade krankt und nimmt uns mit auf eine Reise der Komplexitätsreduktion. Wie ein Product Owner in Scrum jetzt sein Backlog füllen würde und die Sprintplanung begleitet. Und das, ohne den Eindruck zu erwecken, das mit kleinen, nationalen Maßnahmen globale Probleme treffsicher und verlässlich gelöst würden. Transparenz. Echte Transparenz… Wow.
Und wenn dann jemand einfaches, einfach machen würde. Oder sich freistrampeln, unabhängig machen, das Heft des Handelns in der Hand behalten und sich auf den eigenen Wirkungskreis fokussieren. Wow, ich habe den Geruch des Fortschritts der Problemlösung sinnlich in der Nase.
Sich auf den eigenen Wirkungskreis zu fokussieren – das würde ohnehin uns allen gut tun, glaube ich. Denn es kann auch helfen sich viel Ärger zu ersparen. Wie viele Probleme, die auf politischer Ebene diskutieren werden, sind wir in der Lage (mit den uns vorliegenden Informationen) wirklich zu durchblicken. Wie viel eigene Lösungskompetenz können wir beisteuern? Was können wir wirksam selbst beisteuern? Wo liegt unser Wirkungskreis in der Politik und wäre unsere Energie, die häufig in Ärger fließt, nicht besser darauf verwand innerhalb unseres Wirkungskreises zu wirken? Oder daran zu arbeiten, unseren Wirkungskreis zu erweitern?
Ich habe gestern die Rede von Robert Habeck zu seiner Kandidatur für den Bundestagswahlkampf auf Youtube geguckt (hier der Link). Mit Blick auf mein Profil wird niemandem entgehen, das ich Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen bin. Mir geht es hier überhaupt nicht um Partei-Werbung, politische Inhalte oder die Rede in Summe. Mir geht es um drei kleine Ausschnitte
Hier macht sich Robert Habeck stark dafür, einander zuzuhören, miteinander zu reden und miteinander Lösungen zu finden. Und er appelliert daran, sich eine Meinung zu bilden und nicht meinungslos sich zu verstecken. Ohne diese Fähigkeiten ist, aus meiner Sicht, auch keine Problemlösung in einem agilen Mindset möglich. Damit offenbart er aber auch eine Notwendigkeit im Handeln nach agilen Werten: sich Zeit zu nehmen, für ein Gespräch. Sich noch mehr Zeit zu nehmen für eine Diskussion. Eine Diskussion, die klar auf ein Problem, klar auf eine Zielgruppe (die Kund:Innen / hier Bürger:Innen) ausgerichtet ist und diesen Fokus nicht verliert. Das erfordert Zeit und ist anstrengend. Insbesondere auch angesichts unserer Aufmerksamkeitsspanne, die sich Einflüssen von Social Media Plattformen nicht entziehen kann.
Es lohnt sich für alle beteiligten, davon bin ich überzeugt.
Zuhören, Ausreden lassen, gedanklich folgen – und nicht einfach nur abwarten und mit der eigenen Perspektive über das Gesagte drüber pflügen. Ich wünsche mir alle politischen Akteure, alle Mitmenschen, inklusive Robert Habeck, würden das stärker beherzigen. Ich bin mir sicher, wir können ungeahnte Brücken bauen.
Fehler zugeben, Fehler verzeihen, aus Fehlern lernen. Fehler- und Feedback-Kultur sind stabile Elemente in agilen Mindsets, denkt nur an die Retrospectives in Scrum. Und wer jemals ein agiles Spiel, wie z. B. das Ball Point Game, gespielt hat, kennt den Wert von Feedback.
Hand aufs Herz: wer kennt Chef:Innen, die Fehler eingestanden und mit dem Team daraus ein Learning erarbeitet haben? Du? Toll, ich freue mich sehr für dich. Ich möchte dich sehr darin bestärken, dir darin ein Vorbild zu suchen.
Wer kennt Politiker:Innen, die den Mut beweisen, Fehler in aller Deutlichkeit transparent zu machen und gemeinsam eine Lernreise ermöglichen? Aber wie nahbar wäre es, wenn es jemand täte? Und täte uns das nicht gut? Ich glaube: ja!
Könnte Robert Habeck dem mehr Raum geben? Bestimmt 😉 Mehr geht immer! Aber: Umsetzung vor Perfektion (oder hier im englischen: done is better than perfect). Es ist ein Anfang.
Das Bild vom Freistrampeln hat mich dann im Anschluss richtig dolle gepackt. Ich möchte mich im Beruflichen, im Privaten, im Politischen, überall wo ich bin, auch gerne Freistrampeln, Ohnmacht abschütteln und alles daran geben, meinen Kindern eine gute Welt zu übergeben (Sie ist 9 Monate und er ist 4,5 Jahre, ich empfinde irgendwie Druck).
Zu guter Letzt trifft Robert Habeck noch einen persönlichen Nerv, weil er das Thema Mut anreißt.
Ich habe mich in meinem letzten Post schon ein bisschen über Mut (zum Einsatz von Technologie) ausgelassen. Fokussierung auf das Ziel, Alternative Vorgehensweisen, “andere” Mindsets. Es braucht Mut, das an den Start zu bringen. Mut, nach vorne zu treten und den Versuch zu unternehmen, Begeisterung zu entfachen.
Es ist nicht alles scheiße.
Und desto mehr Menschen sich freistrampeln und sich für Fortschritt, Verbesserung, Problemlösung engagieren – im Privaten, im Wirtschaftlichen, im Gesellschaftlichen oder auch im Politischen – desto leichter wird es, genau das zu erkennen.
Ich bin jetzt auch mutig, und klicke auf Veröffentlichen und gucke was passiert oO
Beste Grüße
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